Im Rahmen der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zum Erhalt einer Verletztenrente im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ist gemäß 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII auch zu berücksichtigen, welche Nachteile die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden können. Ausnahmsweise kann diese besondere berufliche Betroffenheit bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit berücksichtigt werden.
Besondere berufliche Betroffenheit
Der Gesetzgeber erwartet grundsätzlich von den Versicherten, dass diese ihre sonstigen Fähigkeiten entsprechend ihrem gesundheitlichen Zustand nutzen. Dazu gehören zum Beispiel vor dem Versicherungsfall erworbene Kenntnisse oder Erfahrungen. Auch die Bereitschaft zu einer zumutbaren Umschulung wird erwartet.
Die Berücksichtigung der besonderen beruflichen Betroffenheit erfolgt nur ausnahmsweise. Die Voraussetzungen werden restriktiv ausgelegt. Der Anwendungsbereich ist auf sehr begrenzte Ausnahmefälle beschränkt. Ob ein Fall der besonderen beruflichen Betroffenheit vorliegt, ist anhand
- des Alters des Versicherten,
- der Dauer der Ausbildung,
- der Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit,
- des Umstandes, dass die bsiher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete
zu beurteilen.

Wenn unter Berücksichtigung dieser Umstände die Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt eine "unbillige Härte", also als besonders ungerecht empfunden werden darf, kommt eine Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in einem Bereich zwischen 10 % und 20 % in Betracht. Im Einzelfall kann die Berücksichtigung der besonderen beruflichen Betroffenheit auch dazu führen, dass überhaupt erst ein Anspruch auf eine Verletztenrente begründet wird.
Gesonderter Antrag sinnvoll
Wichtig! Nach § 19 Abs. 2 SGB IV ist ein Antrag auf Verletztenrente nicht erforderlich, da diese von Amts wegen erbracht wird. Dennoch ist ein gesonderter Antrag auf Berücksichtigung der besonderen beruflichen Härte sinnvoll, da eine diesbezüglich Prüfung von Amtswegen kaum erfolgt. Dieser Antrag kann auch im laufenden Verfahren noch gestellt werden, wenn sich erst später herausstellt, dass dieser Umstand entscheidend zu berücksichtigen ist.
Wie gehe ich bei Streitigkeiten vor?
Haben Sie einen ablehnenden Bescheid erhalten, legen Sie zunächst Widerspruch ein. Sie finden hier weitere Informationen zum Widerspruchsverfahren. Ist Ihr Widerspruch nicht erfolgreich, können Sie Klage vor dem Sozialgericht erheben. Sie finden hier weitere Informationen zum Klageverfahren. Im Streit mit Ihrer Krankenversicherung sollten Sie nach Möglichkeit Einsicht in Ihre Verwaltungsakte nehmen. Sie können dies im gesamten Verwaltungsverfahren und auch im Klageverfahren veranlassen.