
Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X
Wenn Sie einen belastenden Bescheid erhalten haben, aber die Widerspruchsfrist verstrichen ist, können Sie dennoch handeln: Gemäß § 44 SGB X besteht die Möglichkeit, einen sogenannten Überprüfungsantrag zu stellen. Dieses Instrument ist eine Besonderheit im Sozialrecht – in anderen Rechtsgebieten, wie dem allgemeinen Verwaltungsrecht, gibt es diese Option nicht.
Ein solcher Antrag kann auch dann gestellt werden, wenn bereits ein Widerspruchsbescheid vorliegt, aber keine fristgerechte Klage erhoben wurde. In diesen Fällen wird beantragt, den ursprünglichen Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheids zu überprüfen.
Wie und wo kann ich einen Überprüfungsantrag stellen?
Der Antrag ist an die Behörde zu richten, die den ursprünglichen Bescheid erlassen hat.
Musterschreiben: Antrag auf Überprüfung eines bestandskräftigen Bescheids
Max Mustermann
Musterstraße 1
12345 Musterstadt
An die
[Name der Behörde]
[Straße, Hausnummer]
[PLZ, Ort]
Musterstadt, [Datum]
Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich die Überprüfung des Bescheids vom [Datum] in der Fassung des ggf. vorhandenen Widerspruchsbescheids vom [Datum].
Der Bescheid ist meines Erachtens von Anfang an rechtswidrig gewesen, da [hier konkrete Begründung einfügen, z. B. „die Berechnung des Anspruchs auf Wohngeld fehlerhaft erfolgte“ oder „gesetzliche Vorschriften nicht beachtet wurden“].
Ich bitte um vollständige Überprüfung des Verwaltungsakts und um Mitteilung über das Ergebnis der Prüfung.
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
Muss ich den Überprüfungsantrag begründen?
Ja – und zwar sorgfältig. Eine formale, pauschale Begründung reicht nicht aus. Die Behörde darf den Antrag ablehnen, wenn nicht konkret dargelegt wird, aus welchen Gründen der Bescheid rechtswidrig gewesen sein soll. Führen Sie alle relevanten Tatsachen und rechtlichen Argumente an, die Ihrer Auffassung nach zur Aufhebung führen müssen.
Welche Folgen hat ein erfolgreicher Überprüfungsantrag?
Stellt die Behörde fest, dass der angegriffene Bescheid rechtswidrig war, wird dieser aufgehoben. Wenn sich daraus ein Anspruch auf Nachzahlung ergibt, gelten Fristen nach § 44 Abs. 4 SGB X: Rückwirkende Leistungen werden grundsätzlich nur für maximal vier Jahre erbracht.
Für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (z. B. Bürgergeld) gilt jedoch eine verkürzte Frist: Nachzahlungen sind hier nur für ein Jahr möglich – geregelt in § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II.
FAQ zum Überprüfungsantrag
Kann ich jeden Bescheid überprüfen lassen?
Nein. Nur bestandskräftige Bescheide, die einen Nachteil für Sie enthalten, können überprüft werden. Die Überprüfung setzt voraus, dass der Bescheid von Anfang an rechtswidrig war und Sie durch die Entscheidung belastet sind.
Gibt es eine Frist für den Überprüfungsantrag?
Für den Antrag selbst besteht keine feste Frist – er kann grundsätzlich jederzeit gestellt werden. Jedoch ist die Nachzahlung von Leistungen auf maximal vier Jahre vor Antragstellung begrenzt. Für Leistungen nach dem SGB II (Bürgergeld) gilt sogar eine Nachzahlungsgrenze von nur einem Jahr.
Was ist, wenn die Behörde den Antrag ablehnt?
Dann können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch gegen die Ablehnung des Überprüfungsantrags einlegen. Sollte auch dieser Widerspruch abgelehnt werden, ist die Klage vor dem Sozialgericht möglich.
Kann ich den Antrag auch stellen, wenn ich den Bescheid damals akzeptiert habe?
Ja, das ist möglich. Entscheidend ist nicht, ob Sie damals Widerspruch eingelegt haben, sondern ob der Bescheid von Anfang an rechtswidrig war. Eine Zustimmung oder fehlende Reaktion schließt den Überprüfungsantrag nicht aus.
Kann ich auch einen alten Bescheid von vor zehn Jahren überprüfen lassen?
Ja – unter Umständen. Die Behörde muss auch sehr alte Bescheide prüfen, wenn diese rechtswidrig waren. Aber: Eine Nachzahlung erfolgt dennoch nur für die letzten vier Jahre (bzw. ein Jahr bei SGB II-Leistungen).